Wappen der Gemeinde Pfalzdorf
Heraldische Beschreibung:
In grünem Feld eine silberne Lilienhaspel, auf dem ein schwarzes Herzschild, mit einem aufwärts schreitenden,
goldenen, rotgekrönten und rotbewehrten Löwen liegt.
Heraldische Aussage:
Die Ansiedlung der Pfälzer Kolonisten im 18. Jahrhundert
(Territorialwappen Pfälzer Löwe)
auf der Gocher Heide auf dem Boden des Herzogtums Kleve (Territorialwappen Lilienhaspel).
Pfalzdorf, das am 1. Juli 1969 in die Stadt Goch eingemeindet wurde, hat eine recht ungewöhnliche Geschichte, obwohl es eigentlich – gemessen an anderen Orten – noch relativ jung ist.
Ursprünglich gehörten die damals noch rein katholischen Bewohner auf dem Gebiet der Gocher Heide zur Stadt Goch. Schon für die Zeit vor 1650 ist die katholische Besiedlung beiderseits der heutigen Klever Straße bekundet.
Im Mai 1741 verließen die Vorfahren der Pfalzdorfer mit drei Schiffen ihre Hunsrücker Heimat, um den kriegerischen Verwüstungen und der religiösen Unterdrückung zu entgehen. Ihr Ziel war Amerika. Dort hofften sie, in Ruhe leben zu können und in Freiheit ihre Religion ausüben zu dürfen. Ihre Pläne wurden aber schon in Schenkenschanz durch die Holländer zerstört. Man verweigerte ihnen die Durchreise nach Rotterdam von wo aus die Pfälzer nach Amerika segeln wollten. Nach längeren Verhandlungen mit der Klever Kammer und dem Magistrat der Stadt Goch überließ man ihnen im Herbst 1741 die etwa 10.000 Morgen große Gocher Heide zur Urbarmachung und Besiedlung. Nach erheblichen Anfangsschwierigkeiten, die mit wiederholten Landesverweisungen bedroht waren, wurden die Kolonisten Adam Becker und Michel Grossert mit einer Bittschrift beim König von Preußen vorstellig. Am 30. April 1743 erließ Friedrich II. einen Spezialbefehl an die Klever Regierung und die Stadt Goch, in dem er den Pfälzern die Ansiedlung auf der Gocher Heide genehmigte. Gleichzeitig erhielten beide Stellen die Anweisung, den Kolonisten behilflich zu sein. Damit war das Siedlungswerk endgültig gesichert. Nach Überwindung der ersten Elendjahre folgte in den nächsten drei Jahrzehnten ein derartiger Emigrantenstrom, dass die Kolonistenstellen auf der Heide bald vergeben waren. Um 1770 lebten über 100 Pfälzerfamilien mit 568 Personen auf der Gocher Heide.
Die Pfälzer hatten aus religiösen Gründen ihre Heimat verlassen. Sie bekannten sich etwa zu einem Drittel zum lutherischen und zu zwei Drittel zum reformierten Bekenntnis. Der erste Schulunterricht wurde durch den 1741 eingewanderten lutherischen Schulmeister Johann Seemann erteilt. Im Jahre 1745 wurde der reformierte Schulmeister Valentin Conrad durch das Konsistorium der reformierten Gemeinde in Goch angestellt. Bereits im Jahre 1747 wandten sich beide Konfessionen an den König um die Erlaubnis für eine Kollekte zum Bau einer Kirche und eines Predigerhauses zu erhalten. In der Zeit von 1748 bis 1779 befand sich er erste Pfälzer Friedhof für beide Konfessionen an der Kreuzung der heutigen Ostkirch- und Hunsrückstraße. Im Jahre 1751 kam es zur Gründung der reformierten Kirchengemeinde und zur Anstellung es ersten Predigers Johann Wilhelm Franken aus Düsseldorf. Ab 1752 erhielten die Lutheraner zum Seelsorger den Prediger Johann Philipp Wetterbauer aus Kleve, der nach Gründung der lutherischen Kirchengemeinde als Prediger angestellt wurde. Im Jahre 1760 wurde für den reformierten Prediger ein Haus gebaut und 1765 für den lutherischen Prediger ein Haus gekauft. Im gleichen Jahr schenkte die Königliche Regierung den beiden Kirchengemeinden für die Prediger je 10 holländische Morgen Heidegrund und je 6 holländische Morgen für die beiden Schulmeister. Die reformierte Gemeinde konnte 1775 und die lutherische Gemeinde 1779 ihre Kirche einweihen. Von nun an erfolgten die Beerdigungen auf den Grundstücksflächen um die jeweilige Kirche auf dem sogenannten Kirchhof. Im Jahre 1824 traten in Pfalzdorf die beiden Kirchengemeinden der Union bei.
Von nun an nannten sich die Lutheraner Evangelische Ostgemeinde Pfalzdorf und die Reformierten Evangelische Westgemeinde Pfalzdorf. Als 1915 Pfarrer Gütgemann als letzter Seelsorger der Evangelischen Ostgemeinde starb und die Gemeinde durch ihre niedrige Seelenzahl keinen neuen Pfarrer mehr erhielt, vereinigten sich am 01.Februar 1921 beide Gemeinden zur Evangelischen Kirchengemeinde Pfalzdorf.
Um die Zeit, als die Pfälzer Auswanderer auf der Gocher Heide siedelten, lebten auf dem Gebiet des späteren Pfalzdorf etwa 1.300 Katholiken, die zur Gocher Pfarrei Maria Magdalena gehörten. Der großen Entfernung wegen nahmen viele von ihnen an den Gottesdiensten in den näher gelegenen Pfarreien Asperden, Keppeln und Hau teil. So war es verständlich, dass die Pfalzdorfer Katholiken eine eigene Pfarrei und Pfarrkirche wünschten. Ihr diesbezügliches Gesuch an den Preußenkönig wurde 1791 abgelehnt. Aber schon bald kamen die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit den Wünschen der Katholiken entgegen. 1795 waren die linken Rheinlande an Frankreich abgetreten worden und kamen unter die Herrschaft Napoleons. Dieser errichtete für die eroberten Gebiete ein neues Bistum mit dem Sitz in Aachen und Bischof Marcus Antonius Berdolet errichtete am 16. Mai 1804 die Pfarrei Pfalzdorf, deren erster Pfarrer Johann Gottfried Scheyven wurde.
Die katholische Bevölkerung Pfalzdorfs hatte nun einen Pfarrer, aber weder eine Pfarrkirche noch Pfarrhaus, Küsterei oder Schule. Aber auch da kamen ihnen wieder die politischen Verhältnisse zu Hilfe. Durch die Säkularisation, d.h. den Übergang der Kirchen- und Klostergüter in weltlichen Besitz, kamen sie zu einer eigenen Kirche. 1803 war auch das Zisterzienserinnenkloster Graefenthal bei Asperden der Säkularisation zum Opfer gefallen. Klostergut und Wirtschaftsgebäude wurden in Aachen versteigert, die Abteikirche überließ man den Pfalzdorfer Katholiken. Im Jahre 1808 schenkte die Stadt Goch der Pfalzdorfer Pfarrei ein Grundstück für den Kirchbau und man konnte mit dem Abbruch der Abteilkirche beginnen. Das Baumaterial wurde von den Pfalzdorfern, die Gespanndienste leisteten, nach Pfalzdorf gebracht. Auch einen Teil der Innenausstattung der Abteikirche wurde den Pfalzdorfern überlassen, so der Barockaltar vom Ende des 17. Jahrhunderts, Kanzel, Kredenztisch und die Kommunionbank.
Die katholische Pfarrkirche wurde am 11. September 1811 geweiht und dem Hl. Martin gewidmet. Vermutlich läuteten aus diesem Anlass auch zum erst mal die Glocken, die ebenfalls aus Graefenthal stammten.
Bereits im Jahr 1799 – am 22. September – wurde die Verwaltung der Gocher Heide von Goch abgetrennt; Pfalzdorf wurde eine selbstständige Gemeinde mit ihrem ersten Bürgermeister Georg Puff. Man war sich über den Namen der neuen Gemeinde zunächst nicht einig, entschied sich dann aber endgültig für Pfalzdorf. Dabei ist es nicht ganz klar, ob der Namen der Pfälzer wegen gewählt wurde, die übrigens damals wie heute etwa ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Es ist auch möglich, dass der Name Pfalzdorf von dem ursprünglichen Gemarkungsnamen Vahls abgeleitet wurde.
Von Pfarrer Leo Deppe finden wir in der Festschrift zum 150jährigen Bestehen der St. Martinus-Pfarrkirche einige statistische Feststellungen über Pfalzdorf. „ Pfalzdorf ist kein geschlossenes Dorf, sondern eine Streusiedlung. Unter den 40 Landgemeinden des Kreises Kleve ist sie die einzige Gemeinde, die amtfrei ist und eine eigene Verwaltung hat. Mit ihrer Flächengröße von jetzt nur noch 2942 ha (nachdem durch die Reichswaldsiedlung Rodenwalde und Nierswalde, jetzt kurz Nierswalde genannt, von Pfalzdorf abgetreten wurde) ist sie auch jetzt noch die weitaus größte Landgemeinde des Kreises Kleve und gehört zu den größten Landgemeinden des Regierungsbezirks Düsseldorf. Ihr Längsdurchschnitt ist rund 11 km und die größte Breite 5 km, ihre Grenzlinie ist 32 km lang. Sie hat 47 Straßen mit einer Gesamtlänge von 89 km.“ Wie gesagt, das war im Jahre 1961.
Am 1. Juli 1969 wurde Pfalzdorf nach Goch eingemeindet. Es hatte zu dieser Zeit 1.750 evangelische und 3.203 katholische Bewohner. Inzwischen ist die Einwohnerzahl Pfalzdorfs auf rund 6.500 angestiegen. Es sind viele Neubausiedlungen entstanden, die nicht nur von Menschen aus den Nachbarorten bewohnt werden. Viele zogen auch der besseren Wohnqualität wegen aus dem angrenzenden Ruhrgebiet zu und fühlen sich offensichtlich wohl hier.
Zu den Pfälzern soll noch folgendes angemerkt werden: da sie ein eigenes Siedlungsgebiet hatten und in einer sonst katholisch geprägten Umwelt evangelisch waren, blieben sie weitgehend unter sich. Das führte unter anderem dazu, dass sich ihr Dialekt bis heute erhalten hat (im Gegensatz zu den Pfälzern, die im evangelischen Ostfriesland siedelten und sich dort sehr rasch assimilierten). Sie bewahren auch heute noch ihre Eigenart durch ihren eigenen Dialekt, durch den Pfälzerbund am Niederrhein, die Erforschung ihrer eigenen Geschichte und die Pflege von Volkstanz und den Gebräuchen ihrer alten Heimat im Hunsrück. Aber es gibt keine Straßenschlachten mehr zwischen evangelischen und katholischen Kindern auf dem Weg zur Schule. Alle Einwohner – ob katholisch oder evangelisch – sind zu Pfalzdorfern geworden .
Zusammengestellt von Maria Huismann, Helmut Lange, Johannes Verhoeven